ZÜPP

Neuregelung der Psychotherapie - Juni 2019

Der Entwurf des neuen Anordnungsmodells geht in die Vernehmlassung

Der Bundesrat hat am 26. Juni 2019 die Vernehmlassung über das Anordnungsmodell für die psychologische Psychotherapie eröffnet. Damit ist eine wichtige Zwischenetappe für die Abschaffung des Delegationsmodells erreicht, auf die wir lange hingearbeitet haben. Der ZüPP dankt allen seinen Mitgliedern, die sich in den verschiedenen Aktionen engagiert eingesetzt haben!

Das Wichtigste in Kürze
Die Vernehmlassung des Bundesrats betreffen Anpassungen in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) und in der Verordnung des EDI über die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (KLV). Der Bundesrat schlägt im Wesentlichen Folgendes vor:

  • Das heutige Delegationsmodell für die psychologische Psychotherapie soll abgeschafft und durch ein Anordnungsmodell ersetzt werden. Ab dem Zeitpunkt des Wechsels zum Anordnungsmodell würde es eine Übergangszeit von zwölf Monaten geben, während der noch Leistungen der delegierten Psychotherapie abgerechnet werden können. 
  • Die Grundvoraussetzungen für die Abrechnung über die obligatorische Grundversicherung KVG sind neben dem eidgenössischen Psychotherapietitel eine kantonale Bewilligung zur Ausübung der Psychotherapie in eigener fachlicher Verantwortung (Praxisbewilligung). Leistungen von psychologischen Psychotherapeut(inn)en in Weiterbildung werden für die privat-rechtliche Abrechnung über die Grundversicherung KVG nicht mehr zugelassen sein, dies im Gegensatz zu heute bei der delegierten Psychotherapie; Praxiserfahrungen in einer Privatpraxis werden für die Weiterbildung zum Psychotherapietitel deshalb nicht mehr möglich sein.
  • In den Zulassungsvoraussetzungen für psychologische Psychotherapeut(inn)en ist gegenüber heute zudem neu eine ergänzende Anforderung vorgesehen: Der Bundesrat verlangt, dass nach Abschluss der Weiterbildung ein zusätzliches Jahr klinische Erfahrung in einer psychotherapeutisch-psychiatrischen Einrichtung geleistet werden muss. Die Einrichtung muss über eine Anerkennung des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) der Kategorie A oder B verfügen. Psychotherapeut(inn)en, die bei der Einführung des Anordnungsmodells bereits eine kantonale Praxisbewilligung haben, sind von dieser Zusatzforderung ausgenommen.
  • Die Psychotherapien müssen von Ärzt(inn)en der erweiterten Grundversorgung verschrieben werden, das heisst von Fachärzt(inn)en Allgemeine Innere Medizin/Allgemeinmedizin, Neurologie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinder- und Jugendmedizin sowie Ärzt(inn)en der psychosomatischen und psychosozialen Medizin.
  • Pro ärztliche Anordnung sollen 15 bzw. bis maximal 30 Sitzungen möglich sein, für weitere Sitzungen ist eine Kostengutsprache durch den Versicherer erforderlich. In Krisensituationen können Leistungen bis zu 10 Sitzungen von allen Ärzten angeordnet werden.
  • Neu ist die Sitzungsdauer auf maximal 60 Minuten für Einzel- und maximal 90 Minuten für Gruppentherapien beschränkt. Es soll zudem eine Einstiegs-, Verlaufs- und Erfolgsdiagnostik mit standardisierten Instrumenten durchgeführt werden.
  • Die Tarifierung wird von den Tarifpartnern verhandelt (Psycholog(inn)en und Krankenkassen), der Tarif muss vom Bundesrat genehmigt werden. Der Bundesrat wird voraussichtlich einen ersten Tarif verordnen, damit bei der Einführung nicht im tariflosen Zustand gestartet wird. Der Tarif des heutigen Delegationsmodells wird ab Inkrafttreten der neuen Verordnung hinfällig. 
  • Der Bundesrat plant, das neue Modell nach fünf Jahren zu evaluieren.


Wie geht es nun weiter?
Die FSP und alle Gliedverbände werden den vorliegenden Entwurf sorgfältig prüfen. Der ZüPP wird sich dabei aktiv einbringen. Die konsolidierte Vernehmlassungsantwort der FSP und ihrer Verbände wird dann im August 2019 möglichst vielen Organisationen (politische Parteien, Gesundheitsorganisationen, Behörden, Bildungsinstitutionen etc.) zugestellt; diese werden eingeladen, in unserem Sinne zur Vorlage Stellung zu nehmen (Termin: 17. Oktober 2019). Der ZüPP wird dazu kantonal oder regional tätige Organisationen kontaktieren. Wir gehen davon aus, dass der Bundesrat frühestens im Sommer 2020 die Vorlage verabschieden wird, welche dann im 2021 in Kraft treten könnte.

Der umfassende Bericht des Bundesrat und die Unterlagen zur Vernehmlassung sind hier zugänglich.