ZÜPP

Neuregelung Psychotherapie - September 2019

Anordnungsmodell: Vernehmlassungsantwort des ZüPP

Der Bundesrat hat am 26. Juni 2019 den Verordnungsentwurf für das Anordnungsmodell für die Neuregelung der psychologischen Psychotherapie präsentiert und die Vernehmlassung dazu bei den Kantonen, politischen Parteien, betroffenen Institutionen, Berufs- und Patientenorganisationen sowie Krankenkassen eröffnet. Diese sind eingeladen, ihre Stellungnahmen bis zum 17. Oktober 2019 einzureichen.

Stellungnahmen der FSP und des ZüPP
Die FSP hat eine differenzierte Analyse der vorgeschlagenen Lösung vorgenommen. Basierend auf einer Mitgliederbefragung mit über 2‘000 Beteiligten sowie Stellungnahmen von regionalen Gliedverbänden wie dem ZüPP und von psychotherapeutischen Fachverbänden hat die FSP mit dem SBAP und der ASP eine breit abgestützte Vernehmlassungsantwort verfasst. Der ZüPP und der VSKZ übernehmen diese Stellungnahme ohne Ergänzungen in allen Punkten.

Eckpunkte der Vorlage, welche unterstützt werden

  • Vollumfänglich einverstanden sind wir mit dem Vorschlag der anordnungsberechtigen Ärzte und Ärztinnen (keine Beschränkung auf Psychiater(innen)). Ein niederschwelliger Zugang zur Psychotherapie wird so ermöglicht. Dies führt zu einer effizienteren und rascheren Versorgung der Patienten, was langfristig zu Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem führen wird.


Abgelehnt werden bzw. Anpassungen sind notwendig

  • Wir lehnen die Beschränkung auf 30 Sitzungen ab und fordern die Beibehaltung der bisherigen Anordnung von 40 Sitzungen. Ebenso lehnen wir die stufenweise Anordnung der Sitzungen ab, wie dies im Entwurf vorgesehen ist.

  • Wir sind mit dem zusätzlichen klinischen Jahr für die Berufsausübungsbewilligung einverstanden. Es muss aber zwingend möglich sein, dieses bereits während der Weiterbildung und auch unter Aufsicht von eidgenössisch anerkannten Psychotherapeut(inn)en zu absolvieren.

  • Wir lehnen die Regelung der Sitzungsdauer ab. Diese muss in den Tarifverträgen bestimmt werden.

  • Wir sind mit dem notwendigen Antrag für die Fortsetzung der Therapie durch den anordnenden Arzt beziehungsweise Ärztin einverstanden (allerdings erst nach 40 Sitzungen). Der dazugehörige Bericht muss zwingend vom behandelnden Psychotherapeuten oder der Psychotherapeutin verfasst, unterzeichnet und verrechnet werden.

  • Wir lehnen die Einführung einer umfassenden Einstiegs-, Verlaufs- und Erfolgsdiagnostik ab. Vorgeschlagen wird ein Modellprojekt zur Prüfung der Praktikabilität einer solchen Diagnostik auf Stichprobenbasis.


Ergänzende Punkte, welche zu wenig berücksichtigt sind

  • Wir unterstützen die vorgeschlagene Regelung, dass Psycholog(inn)en in psychotherapeutischer Weiterbildung nicht zur selbständigen Abrechnung über die Krankenkasse zugelassen sind. Wir verlangen jedoch, dass der Zugang zur Weiterbildung in allen Teilen, so auch bei der geforderten Praxis, sichergestellt wird.

  • Es ist unklar, wie die zukünftige Situation von angestellten Psychotherapeut(inn)en in privaten und öffentlichen Organisationen geregelt sein wird. Aus unserer Sicht braucht es weiterhin die Möglichkeit, psychotherapeutische Leistungen auch in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis zu erbringen.

  • Wir unterstützen Massnahmen, welche ungerechtfertigten Mengenausweitungen im Gesundheitswesen entgegenwirken (analog zum Beispiel beim indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative).

  • Wir fordern einen Nachweis der Sprachkompetenz auf Niveau C1 der im Kanton relevanten Schweizer Amtssprache als Zulassungskriterium für Personen mit ausländischem Diplom.


Der ZüPP hat seine Stellungnahme rund 150 Organisationen und Institutionen im Kanton zugestellt und diese gebeten, die Vernehmlassungsantwort zu unterstützen und im Namen der eigenen Organisation ebenfalls beim Bund einzureichen. Von Privatpersonen sind vom Bund keine Stellungnahmen erwünscht.

Exponenten der Psychiatrie lehnen den Vorschlag ab
Von Seite einzelner psychiatrischer Berufsverbände, zum Beispiel der Schweizerischen Vereinigung psychiatrischer Chefärzte und Chefärztinnen (SVPC) mit PUK-Direktor Prof. E. Seifritz als Präsident, und den psychiatrischen Klinikorganisationen (Swiss Mental Healthcare, SMHC) zeichnet sich eine vehemente Ablehnung ab (siehe Stellungnahme der SMHC). Befürchtet wird eine Verschlechterung der psychiatrischen Versorgung aufgrund von Tarifkürzungen bei Leistungen, die durch Kliniken und Ambulatorien erbracht werden. Die Finanzierung des Anordnungsmodells wird in Frage gestellt. Weiter werden Massnahmen gefordert, um die psychiatrische Kompetenz der anordnenden Ärzte bzw. Ärztinnen und die aus ihrer Sicht „ungenügende“ Weiterbildung von psychologischen Psychotherapeut(inn)en zu verbessern.

Was passiert nach dem 17. Oktober?
Nach einer ersten Sichtung der Stellungnahmen wird das Bundesamt für Gesundheit (BAG) voraussichtlich die wichtigsten Vertreter(innen) der betroffenen Berufe und Organisationen zu einer ersten Lagebeurteilung und Aussprache einladen. Nach wie vor hoffen wir, dass ein überarbeiteter Entwurf im Laufe des nächsten Jahres vom Bundesrat verabschiedet wird. (aw)