ZÜPP

Neue Fachstelle Psychische Gesundheit - Dezember 2019

Bessere Versorgung für Patient(inn)en in Hausarztpraxen

CoLIPri / Fachstelle Psychische Gesundheit

 

 

Am 7. November 2019 wurde die Fachstelle Psychische Gesundheit an der Praxisstelle Psychotherapie der Universität Zürich eröffnet. Die Fachstelle soll den Zugang zu evidenzbasierter Behandlung von Menschen mit Depressionen und Angsterkrankungen in der Hausarztpraxis verbessern. Der ZüPP unterstützt die Fachstelle als Netzwerkpartner. Psychotherapeut(inn)en in der Region Zürich sind herzlich eingeladen, selbst Netzwerkpartner(innen) der Fachstelle zu werden.
 

Modelleinrichtung des NFP „Gesundheitsversorgung“

Bei der Fachstelle Psychische Gesundheit handelt es sich um eine Modelleinrichtung, die im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Gesundheitsversorgung“ (NFP 74) vom Psychologischen Institut der Universität Zürich in Kooperation mit dem Institut für Hausarztmedizin gegründet werden konnte. Das Forschungsprogramm hat die Zielsetzung, das Schweizer Gesundheitssystem konkret und nachhaltig zu verbessern. Vor diesem Hintergrund wurde die Fachstelle als Scharnier zwischen Primär- und Sekundärversorgung entwickelt und dient als Bindeglied zwischen Hausarztpraxen und Psychotherapeut(inn)en, Psychiater(inne)n sowie weiteren an der Versorgung von Patient(inn)en mit psychischen Beschwerden beteiligten Professionen.

Die Fachstelle beinhaltet die Chance, Hausarztpatient(inn)en einen verbesserten Zugang zu fachspezifischen Behandlungen, unter anderem zu Psychotherapien, zu ermöglichen und sie zusätzlich angemessen auf diese Behandlung vorbereiten. Sie dient ebenfalls dem besseren Informationsaustausch zwischen den Behandler(inne)n.

Die Fachstelle wird im Rahmen der Studie CoLiPri (Consultation-Liaison in der Primärversorgung) begleitend evaluiert. Es wird untersucht, ob sich durch die Fachstelle Psychische Gesundheit der Behandlungspfad von Patient(inn)en und damit auch deren Behandlungserfolg verbessern lässt. Zusätzliche Fragestellungen beziehen sich darauf, wie die Fachstelle von Patient(inn)en- und Behandler(innen)seite bewertet wird und an welchen Stellen sie nach Bedarf noch verbessert werden kann.

Bei positiver Evaluation soll die Fachstelle nach Abschluss der Modellphase im Jahr 2022 verstetigt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, möchten wir die relevanten Behandler(innen) in der Region einbeziehen.
 

Hintergrund für die Einrichtung der Fachstelle

In der Schweiz stellt die Hausarztpraxis häufig die erste und oftmals einzige Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Beschwerden und Erkrankungen dar. Bei der Versorgung von Menschen mit hoch prävalenten Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen fällt dem primärärztlichen Sektor demnach eine Schlüsselrolle zu. Hausärzte und Hausärztinnen sind zentrale Weichensteller für Diagnostik, Therapie und Zuweisung zur spezialisierten Behandlung. Studien zeigen jedoch, dass nur ein kleiner Anteil zeitnah den Weg zur fachgerechten Behandlung durch Psychotherapeut(inn)en oder Psychiater(innen) findet. Mögliche Folgen sind Gesundheitsbeeinträchtigungen, chronische Verläufe und hohe Kosten. Die Hindernisse beim Behandlungszugang sind komplex und vielfältig: Neben den Problemen auf Systemebene reichen sie von der mangelhaften Früherkennung über persönliche Barrieren seitens der Patient(inn)en bis hin zu strukturellen Problemen wie fehlender Information über Behandlungsangebote oder Wartelisten bei Spezialist(inn)en.
 

Über die Fachstelle Psychische Gesundheit

Die Fachstelle richtet sich an Hausarztpraxen, die Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen behandeln und verfolgt als Zielsetzungen:

  • Einfache und schnelle Vernetzung verschiedener Behandlungssettings; verbesserter Informationsfluss zwischen den Behandler(inne)n
  • Flexible und zeitnahe Unterstützung bei Abklärung und nach Bedarf bei der Initiierung von Behandlungen von psychisch belasteten Hausarztpatient(inn)en
  • Entlastung von Hausärzt(inn)en durch die Auslagerung spezifischer Aufgaben

Die Fachstelle Psychische Gesundheit bietet dementsprechend Leistungen an, die von Hausärzt(inn)en flankierend bei Diagnostik, Indikationsstellung und Aufgleisung psychosozialer, psychotherapeutischer oder/und psychiatrischer Behandlungen angefordert werden können. Die Einbindung der Fachstelle funktioniert nach einem Baukastenprinzip, bei dem Hausärzte und Hausärztinnen unterschiedlich intensive Formen der Zusammenarbeit wählen können.

Das Angebot der Fachstelle umfasst dabei die on-demand-Beratung für Hausärzte und Hausärztinnen (Telefonhotline) sowie bis maximal vier Gespräche pro Patient(in) zur Abklärung, Diagnostik und Behandlungsempfehlung sowie zur Behandlungsvorbereitung (unter anderem Aufklärung über psychische Störungen, Informationen über Behandlungsoptionen, Patient(inn)enpräferenz, Motivationsarbeit, etc.). Sie unterstützt darüber hinaus Triagierung und die zeitnahe Aufgleisung von State-of-the-Art bzw. evidenzbasierten Behandlungen, jeweils mit Einbezug der bestehenden Versorgungsstrukturen in Zürich.

In der Modellphase bezieht sich das Angebot zunächst auf Hausarztpatient(inn)en mit Depression oder/und Angsterkrankungen, eine spätere Ausweitung ist gewünscht. Alle Leistungen der Fachstelle sind während der Modellphase für die Hausarztpraxen sowie für Patient(inn)en in Abklärung kostenlos und werden durch den Forschungsbeitrag finanziert.

Das Team der Fachstelle Psychische Gesundheit setzt sich aus eidgenössisch anerkannten Psychotherapeut(inn)en und Psychiater(inne)n zusammen. Sie ist dem Lehrstuhl für Klinische Psychologie mit Schwerpunkt Psychotherapieforschung des Psychologischen Instituts der Universität Zürich angegliedert (Leitung Prof. Dr. Birgit Watzke) und befindet sich in den Räumlichkeiten der Praxisstelle Psychotherapie an der Attenhoferstrasse 9 in Zürich.
 

Psychotherapeut(inn)en als Netzwerkpartner(innen)

Die Fachstelle Psychische Gesundheit lädt alle an der Behandlung von Patient(inn)en mit psychischen Beschwerden beteiligten Professionen zur Kooperation ein. Ziel ist es, so voneinander lernen zu können, um dadurch ein tragfähiges Behandler(innen)netz rund um die Fachstelle aufzubauen.

Die ersten Hausarztpraxen sind mittlerweile an Bord – diese wurden als Erstes angesprochen, damit sie die Fachstelle im oben genannten Sinne für ihre Patient(inn)en nutzen. Über die Hausarztpraxen läuft auch der Patient(inn)eneinschluss zur Evaluation der Fachstelle, das heisst alle anderen Berufsgruppen brauchen keine Studienprozeduren zu berücksichtigen.

Weitere Informationen rund ums Projekt finden Sie auf folgender Webseite: www.colipri.uzh.ch


Autor(inn)en und CoLiPri-Studienteam:
Prof. Dr. Birgit Watzke, Dr. phil. Markus Wolf und MSc. Alexandra Wüest, Psychologisches Institut, Lehrstuhl für Klinische Psychologie mit Schwerpunkt Psychotherapieforschung, Universität Zürich