ZÜPP

Berufspraxis - September 2022

Hürdenreicher Start ins Anordnungsmodell

Der Start des Anordnungsmodells am 1. Juli 2022 war von verschiedenen Schwierigkeiten begleitet. So wurde im Kanton Zürich erst eine Woche später der provisorische Tarif von 2.58 Franken pro Minute festgelegt. Entgegen der ZüPP-Forderung hat der Kanton Zürich leider keine kantonale Regelung für die Abrechnung der Leistungen von Psychotherapeut(inn)en in Weiterbildung festgelegt, so wie das beispielsweise der Kanton Genf machte. Deshalb ist zurzeit eine rechtssichere Abrechnung dieser Leistungen in Weiterbildung nur im Rahmen des HSK-Tarifvertrags mit den Krankenkassen Helsana, Sanitas und KPT möglich. Wir hoffen, dass die FSP-Forderung ans BAG zur entsprechenden Anpassung der Verordnung möglichst bald erfolgreich ist.

Anfangs Juli warteten zudem zahlreiche Mitglieder auf die OKP-Zulassung durch den Kanton. Ende August hat der ZüPP deshalb eine Umfrage durchgeführt, um über den aktuellen Stand informiert zu sein. Zum Glück hat sich diese Situation markant gebessert. Viele Psychotherapeut(inn)en arbeiten schon erfolgreich mit dem Anordnungsmodell und freuen sich über die besseren Tarife (im Vergleich zur delegierten Therapie). Wie viele unserer Mitglieder und ihre Patient(inn)en feststellen mussten, haben aber unerfreulicherweise verschiedene Zusatzversicherungen entschieden, keine Leistungen für Psychotherapie mehr zu übernehmen. Die Situation diesbezüglich ist sehr unübersichtlich und weiterhin in Bewegung. 

Wie im letzten ZüPP-Sondernewsletter erwähnt, empfiehlt auch der ZüPP den Beitritt zum HSK-Tarifvertrag, da eine möglichst grosse Unterstützung durch viele Mitglieder der gefundenen Tariflösung noch mehr Gewicht verleiht. Ausserdem garantiert er, dass Leistungen von Personen in Weiterbildung mit den angeschlossenen Krankenkassen abgerechnet werden können. Der Beitritt ist für ZüPP- und FSP-Mitglieder kostenlos. Auch Psychologische Organisationen können dem Tarifvertrag beitreten, wobei für diese eine kleine jährliche Gebühr anfallen wird. Es besteht im Kanton Zürich jedoch keine Pflicht, dem HSK-Tarifvertrag beizutreten.

Wichtigste Resultate der ZüPP-Umfrage im August

  • Kein Stau mehr bei den OKP-Zulassungen: Im Kanton Zürich gibt es keinen Rückstau mehr bei Bewilligungen. Zudem wurde kein OKP-Antrag der Umfrageteilnehmenden abgelehnt. Falls es doch Mitglieder gibt, die unerwarteterweise keine OKP-Zulassung erhalten haben, sind wir um eine entsprechende Meldung an info@zuepp.ch dankbar. 

  • Wenig Probleme mit Anordnungen durch Ärztinnen und Ärzte: Gut die Hälfte der Umfrageteilnehmenden rechnen bereits mit dem Anordnungsmodell ab. Nur bei knapp 15% gab es Schwierigkeiten, von zuständigen Ärztinnen oder Ärzten eine Anordnung zu erhalten. Der Grossteil der Anordnungen erfolgte problemlos, wobei bei den Hausärzt(inn)en das Wissen um den Systemwechsel teilweise noch gering ist.

  • Grossteil wird mit Grundversicherung ab 1.1.23 abrechnen: Nur 10% planen ab nächstem Jahr ausschliesslich mit Selbstzahlenden oder der Zusatzversicherung abzurechnen. Die Gründe liegen mehrheitlich beim Tarif oder dem administrativen Aufwand. 50% der Antwortenden verrechneten bisher einen Tarif von 180 Franken pro Stunde oder mehr.

  • Grösste Sorge bei den Zusatzversicherungen und den Kostengutsprachen nach 30 Sitzungen: Viele der Befragten teilten uns ihre Probleme mit der Leistungsabrechnung über die Zusatzversicherung mit. Zudem werden Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit Psychiater(inne)n für die Fallbeurteilung nach 30 Stunden befürchtet, insbesondere da seitens Hausärzt(inn)en teilweise wenig Bereitschaft spürbar ist, sich darum zu kümmern. 

An der ZüPP-Umfrage nahmen gut 180 Mitglieder teil, davon waren 80% Frauen. Aufgrund der Engpässe in der Versorgungslage mit Kindern und Jugendlichen befragten wir auch die behandelten Zielgruppen: 20% arbeiten mit Kindern, erfreuliche 40% behandeln Jugendliche und 25% beraten Familien. 

Aufklärungsbedarf bei den Ärzt(inn)en

In einem ersten Schritt konnte der ZüPP anfangs Juli ein Merkblatt an die Mitglieder des Berufsverband mfe der Haus- und Kinderärzt(inn)en im Kanton Zürich schicken. Die RPK Nord konnte in regionalen Ärztenetzwerken das Anordnungsmodell vorstellen. Zudem gelangte der ZüPP an den Präsidenten Dr. Alexander Krafft des Zürcher Verbands der Gynäkolog(inn)en, um auf die Möglichkeit hinzuweisen, bei Kriseninterventionen 10 Sitzungen anordnen zu können.

Zusammenarbeit mit Psychiater(inne)n: Fallbeurteilung nach 30 Stunden

Ein wichtiges Thema beim regelmässigen Austausch zwischen dem ZüPP und der ZGPP ist die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Psychiater(inne)n und unseren Mitgliedern, insbesondere für die Fallbeurteilung durch eine Psychiaterin oder einen Psychiater nach 30 Stunden, aber auch in anderen Bereichen wie der Medikation oder nach Bedarf Arbeitsunfähigkeitszeugnissen. Die ZGPP plant, auf ihrer Webseite www.therapievermittlung.ch die Kennzeichnung derjenigen Psychiater(innen), die bereit sind, entsprechende Fallbeurteilungen auszustellen. Der ZüPP, der ZPGG und der ZGKJPP planen zudem im ersten Quartal 2023 ein Netzwertreffen ihrer Mitglieder.

Die psychiatrische Fallbeurteilung nach 30 Stunden ist auch ein Thema in den Regionalen Psychiatriekommissionen. So konnte die RPK Nord (Winterthur, Zürich Unterland) mit der Integrierten Psychiatrie Winterthur vereinbaren, dass Anfragen für Fallbeurteilungen aus ihrer Region an anordnung@ipw.ch geschickt werden können, sofern kein Kontakt mit einem anderweitigen Psychiater oder Psychiaterin hergestellt werden konnte. In der Stadt Zürich steht der ZüPP-Vorstand diesbezüglich mit der PUK in Kontakt, um ein analoges Angebot zu vereinbaren. Am regelmässigen RPK-Netzwerktreffen des ZüPP wurde dies anfangs September auch mit den RPK-Regionen Zürich Oberland und Horgen-Affoltern thematisiert.

Kostengutsprache durch die Krankenkasse nach 30 Stunden: Soll die Psychotherapie nach 30 Stunden fortgesetzt werden, ist eine Kostengutsprache der zuständigen Krankenkasse nötig. Der Fortsetzungsantrag hat durch den anordnenden Arzt / die anordnende Ärztin zu erfolgen und muss neben dem Bericht der behandelnden Psychotherapeut(inn)en eine Fallbeurteilung seitens der Psychiater(inn)en enthalten. Der Fortsetzungsantrag kann bereits vor der 30 Stunde bei der Krankenkasse eingereicht werden.

Anstellung von Psychotherapeut(inn)en in Weiterbildung

Die Anstellung von Psychotherapeut(inn)en in Weiterbildung in Delegation bei einem Psychiater oder einer Psychiaterin ist nur bis Ende 2022 möglich. Die Beschäftigung von Psychotherapeut(inn)en in Weiterbildung ist jedoch bei fachlich verantwortlichen Psychotherapeut(inn)en in eigener Praxis, in psychologischen Organisationen oder in Kliniken möglich. Diese Beschäftigungsverhältnisse erfordern im Kanton Zürich weiterhin eine gesundheitspolizeiliche Bewilligung (Gesuchsformular unselbstständige Psychotherapie). Ausgenommen sind davon wie bisher die Institutionen mit kantonaler Betriebsbewilligung und akkreditierte Weiterbildungsstätten (§ 12 PPsyV).

Die weiterbildenden psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten müssen eine dreijährige berufliche Praxis (zu mind. 50 Prozent) seit Titelerlangung vorweisen können (aktueller Stand Oktober 2022). Es können maximal 100 Stunden pro Woche an angestellte psychologische Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen «verteilt» werden.

Wie erwähnt sieht der mit der HSK ausgehandelte Tarifvertrag vor, dass die Leistungen von angestellten PsychotherapeutInnen in Weiterbildung über die Grundversicherung mit einem Abzug von 10 Prozent des vereinbarten Tarifs abrechnen können. Bei den anderen Versicherungen fehlt nach wie vor eine solche Klärung, weil kein Tarifvertrag vorliegt. Wie die FSP in ihrem letzten Newsletter informierte, fordert die FSP vom BAG eine entsprechende Anpassung der Verordnung. Der Bundesrat selbst hat seiner Antwort vom 31. August 2022 zur Interpellation Roth 22.3619 «Ambulante Praxen von psychologischen Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen als Weiterbildungsstätten anerkennen» geschrieben, «wenn eine Leistung von einer Person in Weiterbildung unter Beaufsichtigung erbracht wurde, gilt sie als Leistung erbracht, von der Person, welche die Beaufsichtigung hatte.»

Zusatzversicherung

Bezüglich der Situation bei den Zusatzversicherungen verweisen wir auf die Informationen der FSP, die kürzlich zum aktuellen Stand und ihren Aktivitäten informiert hat: Im Moment gehen die Zusatzversicherungen sehr unterschiedlich vor. Viele Zusatzversicherungen erwähnen, dass sie gewisse Vorgehen «dulden», bis die Übergangszeit vorbei ist oder ein Tarif festgesetzt wird. Den Patient(inn)en bleibt nichts anderes übrig, als in ihrem Fall zu prüfen, ob die Zusatzversicherung die Kosten weiterhin übernimmt. Falls die Zusatzversicherung unrechtmässig die Leistung verweigert, kann eine Beschwerde bei der Ombudsstelle der Krankenversicherung erhoben werden.