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Fachartikel Schulpsychologie - Dezember 2022

«Heb Sorg!» - Ein Präventionsprogramm der Stadt Zürich

An der VSKZ-Abendveranstaltung am 30. November 22 haben Matthias Obrist und Natacha Widmer vom SPD Stadt Zürich das innovative Präventionsprogramm "Heb Sorg!" vorgestellt, das auch für andere Schulen des Kantons Zürich Vorbildcharakter haben könnte. In folgendem Fachartikel fassen die beiden Fachpersonen die wichtigsten Aspekte zusammen.

In zwei aufeinanderfolgenden Erhebungen zur Gesundheit von Zürcher Sekundarschüler(innen) in den Jahren 2012 und 2017 gaben rund 16% an, unter verstärkten Anzeichen einer depressiven Episode zu leiden (PHQ-9). In der Folge beauftragte der Stadtrat Zürich die Schulgesundheitsdienste mit der Ausarbeitung eines Programms, das ab Schuljahr 2021/22 schrittweise in allen Sekundarschulen eingeführt wird.

Die psychische Gesundheit von Schüler(innen) wird zunehmend ein Thema in der Schule. Dazu gehört auch, dass die Fachstellen für Intervention nach Formen der Prävention angefragt werden und dieser eine grössere Bedeutung eingeräumt wird. In der Stadt Zürich wurde zwischen der Fachstelle für Suchtprävention SUP und dem Schulpsychologischen Dienst SPD unter Anlehnung an andere Angebote ein eigenes Programm mit Namen "Heb Sorg!" entwickelt, um Schulpersonal, Eltern und Schüler(innen) zu informieren und zu sensibilisieren.

Die Bausteine von Heb Sorg!

Das Programm beinhaltet für das Schulpersonal alle drei Jahre an einem Q-Halbtag einen Fachinput zu psychischer Gesundheit und Krisen mit Fokus auf die Depression und Workshops zu Gesprächsführung und kritischen Fällen. Alle Schüler(innen) der 2. Sekundarstufe an den Volksschulen erhalten zwei Schullektionen mit Fachinput, Rollenspiel, Film und Diskussion und die Eltern der Schüler(innen) werden zu einem Elternabend eingeladen. Informationsmaterial wie ein Jugend- und ein Elternflyer (in 14 Sprachen), Plakate und Adresslisten für Hilfestellen werden abgegeben. Zusätzlich steht der Erste-Hilfe-Kurs ensa von Pro Mente Sana für das Schulpersonal offen, der in vier Halbtagen grundlegendes Wissen zu psychischen Erkrankungen bei Jugendlichen vermittelt. Weiter können Lehrpersonen vorbereitete Unterrichtslektionen zum Thema psychische Gesundheit und Erkrankung selbst durchführen. Den Schulen werden Vertiefungen in Form einer Konzeptentwicklung zur Früherkennung und Frühintervention angeboten oder eine Begleitung bei der Einführung des Programms MindMatters, in dem es um die Förderung der sozial-emotionalen Fähigkeiten von Schüler(innen) geht.

Evaluation und Wirkung

Evaluationen bei den Zielgruppen Schulpersonal, Eltern und Schüler(innen) beziehen sich vor allem auf die unmittelbaren Rückmeldungen zur Bedeutung des Themas, zum Verständnis der dargebotenen Inhalte und zur Bereitschaft, sich Hilfe zu holen. Erste Resultate zeigen, dass das Thema psychische Krisen und Depression den Zielgruppen wichtig ist und die vermittelten Inhalte gut aufgenommen werden. Zahlreiche Begegnungen mit Schüler(innen) und interessierten Eltern bestätigen diesen Eindruck. Angesichts des beschränkten Impacts des Programms dürfte eine nachhaltige Wirkung aber schwierig nachzuweisen sein.

Jedes schulische Präventionsprogramm braucht kompetente und engagierte Fachpersonen für die Durchführung sowie eine gute Zusammenarbeit mit den Schulen. Der Erfolg des Programms hängt davon ab, ob an einer Schule ein offenes Klima gegenüber Themen der psychischen Gesundheit besteht und wie die Schule mit psychischen Krisen (auch der Erwachsenen) umgeht. Das Programm Heb Sorg ist hier nur ein Tropfen auf einen heissen Stein, es kann aber ein wichtiger Tropfen sein. 

 

Über die Autoren:

Matthias Obrist ist Leiter des SPD Zürich und Präsident der SLK-SPD. Natacha Widmer ist Schulpsychologin im SPD Zürich – Zweigstelle Glattal. Beide haben an der Erarbeitung des Programms teilgenommen und setzen es an den Schulen um.