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Fachartikel Schulpsychologie - Dezember 2023

Notfallpsychologie im Umfeld Schule

Am 27. September 2023 hielten Claudia Bühlmann und Bigna Bernet an der VSKZ-Abendveranstaltung ein Fachreferat zu «Notfallpsychologie im Umfeld Schule». Die wesentlichen Punkte wurden im nachfolgenden Artikel von ihnen zusammengefasst.

Grössere und kleinere Krisen und Notfälle im Umfeld der Schule kommen immer wieder vor. Um in solchen Situationen gut reagieren zu können, ist es wichtig, dass Schulpsycholog:innen gewisse Grundkenntnisse der Notfallpsychologie haben. Eine gute und rasche notfallpsychologische Intervention kann das Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erheblich verringern, die persönlichen Ressourcen und das soziale Netzwerk der Betroffenen aktivieren und helfen, ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle wiederzuerlangen.
 

Führungspersonen

Die notfallpsychologischen Interventionen können auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Auf der Führungsebene geht es darum, die Informationen nach innen und nach aussen sicherzustellen. Die Schulleitung formuliert eine einheitliche Kommunikationsregelung, mit welcher die Lehrpersonen möglichst gleichzeitig ihre Klassen informieren. Dabei ist es wichtig, dass auch die kranken und abwesenden Lehrpersonen sowie Schüler und Schülerinnen in den Prozess einbezogen werden. Zusätzlich muss die Schule nach aussen kommunizieren, sei dies im Kontakt mit den Angehörigen, mit den Medien oder in einer schriftlichen Information an alle Eltern.


Betreuungspersonen

Die zweite Ebene betrifft die Betreuungspersonen wie etwa Lehrpersonen oder Hortmitarbeitende. Diese sind in einer Doppelfunktion, einerseits als Selbstbetroffene und anderseits als Führungspersonen, welche ihrer Klasse oder den Kindern in einer schwierigen Situation Sicherheit vermitteln müssen. Die Bezugspersonen müssen einen Raum haben, in dem ihre eigene Betroffenheit Platz hat. Es geht in den Gesprächen um Psychoedukation/Normalisieren, Ressourcen aktivieren/soziale Kontakte fördern und den individuellen Unterstützungsbedarf zu klären. Im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen sollen die Erwachsenen gestärkt werden, so dass sie ihre Rolle als «Leuchtturm» in einem Sturm wahrnehmen können. Folgende Punkte sind zentral:

  • Angemessene, dem Alter angepasste, ehrliche und transparente Information
  • Eingehen auf Fragen, jedoch ohne zu drängen, über das Ereignis sprechen zu müssen
  • Gefühle ausdrücken lassen und spiegeln
  • Mit unterschiedlichsten Reaktionen umgehen
  • Kindern einen Einbezug ermöglichen (bspw. Ritualgestaltung, Teilnahme an Abschiednahme/ Beerdigung)
  • Teilnahme an bereits geplanten Events ermöglichen
  • Trauerfreie Phasen ermöglichen
  • Rituale beibehalten, da diese Sicherheit geben

 

Kinder und Jugendliche

Die dritte Ebene, auf welcher Interventionen möglich sind, ist der Umgang mit den Kindern und Jugendlichen. Hier ist es wichtig, dass wir die unterschiedlichen Entwicklungsstufen einbeziehen. Generell können sehr unterschiedliche Interventionsmethoden und Settings angewendet werden. Entscheidend ist ein möglichst natürlicher und authentischer Umgang mit den Kindern, in dem wir diese als eigenständige Personen wahrnehmen und mit ihnen zusammen schauen, was sie brauchen.

Bei jedem notfallpsychologischen Einsatz sollte man sich vorgängig fragen, wie es einem geht. Fühlst du dich physisch und psychisch in der Lage, den Einsatz anzunehmen? Bist du vom Ereignis oder der Thematik besonders betroffen und willst daher nicht in den Einsatz gehen? Man soll die eigenen Grenzen kennen und respektieren. Auch wenn der schulpsychologische Alltag nebenan weiterläuft, sollten man, wenn immer möglich mindestens zu zweit in den Einsatz gehen. Im Anschluss muss man besonders gut auf das eigene Wohlbefinden achten und genügend Raum für die eigene Nachsorge lassen.  

Flyer in diversen Sprachen, die heruntergeladen werden können: www.cns-cas.ch/nnpn

Ausbildung in Notfallpsychologie: www.notfallpsychologie.ch oder www.sbap.ch

Über die Autorinnen:

lic. phil. Bigna Bernet 

Fachpsychologin für Kinder- und Jugendpsychologie FSP, Fachperson Psychologische Nothilfe NNPN, Supervisorin NNPN, Schulpsychologin Stadt Zürich, Fachstelle Schulpsychologie Volksschulamt (VSA) Zürich, Notfallpsychologin Stiftung Carelink.

 

 

 

 

lic. phil. Claudia Bühlmann

Fachpsychologin für Kinder- und Jugendpsychologie FSP, Psychologin FSP mit Zusatzqualifikation in Notfallpsychologie, Fachperson Psychologische Nothilfe NNPN, Supervisorin NNPN, Schulpsychologin im SPD Dübendorf, Notfallpsychologin und Dozentin Stiftung Carelink, Mitglied der NNPN Zertifizierungskommission.