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VSKZ-Abendveranstaltung - März 2024

Systematische Bildungsbenachteiligung?

Eine Zusammenfassung von Daniela Dietsche zur VSKZ-Abendveranstaltung von Dr. phil. Jürg Schoch zum Thema «Bildungs(un)gerechtigkeit im Kindes- und Jugendalter»

Kinder und Jugendliche aus bildungsnäheren Familien haben in der Schweiz eine 6-8 mal höhere Chance auf einen Maturitätsabschluss als Kinder und Jugendliche aus bildungsferneren Familien. Schon alleine diese Tatsache ist erschreckend. An der VSKZ-Abendveranstaltung vom 31. Januar 2024 referierte Dr. phil. Jürg Schoch zu diesem wichtigen Thema der Bildungs(un)gerechtigkeit. 

Es gibt diverse und gut untersuchte Faktoren, welche mit dem Bildungsabschluss eines Jugendlichen korrelieren: Das Bildungsniveau der Eltern, der sozioökonomische Status der Familie, Fremdsprachigkeit. Kommen alle drei Faktoren bei einem Kind zusammen, so stehen dessen Chancen auf einen guten Bildungsabschluss denkbar schlecht. Dr. phil. Jürg Schoch stellte die These in den Raum, dass «Armut zu Bildungsarmut führt und Bildungsarmut wiederum zu Armut»; ein Teufelskreis.

Das Problem liegt also oft bereits in ungleichen Startchancen, mit welchen Kinder und Jugendliche bereits in ihren ersten Lebensjahren konfrontiert sind. Dem Bereich der frühkindlichen Bildung kommt dabei eine enorm wichtige Bedeutung zu. Erlebt ein Kind ein wenig anregendes Umfeld in seinen ersten, sehr prägenden Lebensjahren, ist es bereits bei Kindergartenantritt nicht genügend gut auf die schulischen Anforderungen vorbereitet. Das Kind startet bereits im Kindergarten mit ungleichen Chancen. 

Damit ein Kind einen guten Schulabschluss machen kann, braucht es drei Dinge: Das Kind muss die Fähigkeiten dazu mitbringen, das Kind muss die Möglichkeit erhalten, seine Fähigkeiten zeigen zu können und es braucht eine Person, die an das Kind glaubt. Letzterem kommt eine ganz wichtige Rolle zu. Es gibt psychologische Untersuchungen, welche zeigen können, dass dies einen enormen Unterschied ausmacht. Wenn Kinder – und Jugendliche in einem Umfeld aufwachsen, wo die Familie diese Rolle nicht übernehmen kann, macht eine einzige Person, welche an das Kind glaubt und es ermutigt, einen enormen Unterschied für die psychische und schulische Entwicklung dieses Kindes aus. So kann zum Beispiel eine Lehrperson einen grossen, positiven Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes haben. 

Jürg Schoch betonte auch, dass es wichtig wäre, wenn die Selektion (also die Einteilung in die verschiedenen Niveaus) später durchgeführt werden würde als aktuell üblich in der 6. Klasse. Auch Neurowissenschaftler, welche sich mit der Hirnreifung von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen, betonen diesen Punkt immer wieder. 

 

Zum Referenten:

Dr. phil. Jürg Schoch hat nach der Tätigkeit als Sekundarlehrer Pädagogik und Psychologie studiert. Er leitete bis 2020 das Gymnasium und das Institut Unterstrass, ist Mitbegründer des Migrantenförderprogramms ChagALL und Mitautor der Studie über «Soziale Selektivität» im Auftrag des Schweizerischen Wissenschaftsrates. Seit 2021 ist er ehrenamtlicher Präsident von Allianz Chance+.