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Fachartikel - Juni 2022

«Kommunikation macht Schule» - wie man richtig kommuniziert

Die aktuelle Corona-Pandemie zeigt beispielhaft, wie Schulen bei ausserordentlichen Ereignissen kommunikativ gefordert sind. Ob Lehrerschaft, Schülerinnen und Schüler oder deren Eltern – alle Ansprechgruppen gilt es zielgerichtet zu informieren. Noch komplizierter wird es bei einem Unglück oder einem Verbrechen. Was macht eine gute Kommunikation aus, intern wie auch gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien im Speziellen? Im vorliegenden Artikel fasst Dr. Pascal Krauthammer von Krauthammer & Partner die wichtigsten Punkte seines Referats an der VSKZ-Sektionsversammlung vom März 2022 zusammen.

Im Herbst des letzten Jahres, auf dem bisherigen Höhepunkt der Corona-Pandemie, haben meine Frau und ich vom Gymnasium meines Sohnes eine Mail erhalten. Darin erklärte der Rektor, dass auf dem Gelände des Gymnasiums eine «Impfgelegenheit» angeboten werde. Die Impfung sei «freiwillig und unentgeltlich» und an die Eltern gerichtet, hiess es weiter: «Ich danke Ihnen, wenn Sie die Nutzung dieser Impf-Möglichkeit in Erwägung ziehen!»

Diese Mail zeigt vorbildlich auf, wie in schwierigen Situationen wichtige Ansprechgruppen mitgedacht und mit einer gezielten Information auch erreicht werden können. Die Eltern haben aus erster Hand vom Angebot der Schule erfahren (und nicht vom Hörensagen), das Angebot wurde klar umschrieben (und liess keinen Platz für Spekulationen) und mit der empathischen Wortwahl wurde der drohenden Kritik von Impfgegnern (hier wird Zwang ausgeübt) zuvorgekommen.

Schulen müssen kommunizieren - und sich auf Krisen vorbereiten

Von Küsnacht bis Oerlikon – die Kommunikation im Schulbetrieb hat sich in den letzten 40 Jahren massiv verändert. Während Lehrer und Lehrerinnen früher Respektspersonen waren, bei denen man froh war, dann und wann eine Information zu erhalten, erwarten Eltern heute jederzeit eine transparente Kommunikation. Ein Schulbetrieb unterscheidet sich so verstanden nicht mehr von einer anderen Institution, welche Rechenschaft ablegen muss. Heute mehr denn je sind Schulen daher gut beraten, bei wichtigen Entscheidungen die verschiedenen Ansprechgruppen immer vor Augen zu haben. Diese kommunikative Grundregel, die bereits für den Normalfall gilt, akzentuiert sich im Krisenfall: «Man kann nicht nicht kommunizieren», diesen berühmten Satz von Paul Watzlawick sollten die Verantwortlichen in den Schulen im grossen und kleinen «Katastrophenfall» immer im Hinterkopf haben.

Wird beispielsweise ein Kind in sozialen Netzwerken gemoppt, wird eine Schülerin tätlich angegangen oder es kommt zu sonstigen Übergriffen, gilt es sogleich zu überlegen, wer alles betroffen ist. Klar stehen das Opfer und die Täter im Vordergrund, doch hinzu kommen die Eltern der Betroffenen, die Klassenkameradinnen und -kameraden, die Lehrerschaft, der Schulsozialarbeiter, der schulpsychologischer Dienst, eventuell sogar die Strafverfolgungsbehörden oder die politischen Behörden etc.

Sind die wichtigsten Ansprechgruppen definiert, gilt es zu überlegen, mit welcher Gruppe wie kommuniziert werden soll. Mit einer Schulklasse wird dabei anders gesprochen als mit einer Politikerin. Was einfach tönt, erweist sich oft als Knacknuss. Denn die Information muss trotz ihrer unterschiedlichen Ausführung inhaltlich kongruent sein. Je komplexer der Fall ist, desto wichtiger wird es, die zentralen Botschaften gemeinsam im Team auszuformulieren. Die Schulpsychologin beispielsweise wird einen wichtigen Aspekt einbringen, an den niemand gedacht hat, während der Lehrer sein Augenmerk auf einen ganz anderen wichtigen Aspekt richtet.

Alle können noch was lernen

Vor allem auch wenn ein Fall in einer Schule die Aufmerksamkeit der Medien auf sich lenken könnte oder Journalisten bereits vor der Klassentüre stehen, gilt es, sorgsam zu agieren. Der Kommunikationsgrundsatz «intern vor extern» ist wichtig, weil Lehrer(innen), Schüler(innen) und Eltern nicht in der Zeitung lesen sollen, was sie direkt hätten erfahren können. Der Grundsatz «gesagt ist gesagt» muss verinnerlicht sein, damit keine falschen, halbwahren oder unklaren Botschaften vermittelt werden. Schliesslich: In der Krise kommen auch die gelehrtesten Personen an ihre Grenzen. Vor allem, wenn der Schutz von Opfern garantiert sein muss oder bei falschen Aussagen rechtliche Folgen drohen, sind Schulleitungen sind gut beraten, sich externe Hilfe zu holen.

 

Über den Autor:

Dr. Pascal Krauthammer gründete 2020 die Agentur Krauthammer & Partner und ist ein ausgewiesener Krisenkommunikationsspezialist. Er verfügt über ein umfassendes Netzwerk in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft und unterrichtet an der Universität Freiburg und an der Journalistenschule MAZ. Er arbeitete mehrere Jahre bei furrerhugi als Kampagnen- und Mandatsleiter und verfügt über Erfahrung als SRF-Bundeshauskorrespondent und Journalist bei der NZZ.